27.05.2023 von SebD
Ich habe keine Rubrik für Aussprache gefunden, also stelle ich es hier in die Rubrik "Grammatik in Österreich". Wegen der beschränkten Länge eines Kommentars (5000 Zeichen) ist der Text auf mehrere Teile aufgeteilt.
Mir ist aufgefallen, dass ich manche Wörter, die mit -ie- oder -ü- geschrieben werden und die dementsprechend hier mit einer Aussprache -ia- eingetragen sind, selber in einer Aussprache kenne, die man am ehesten mit -oi- wiedergeben kann.
Eine Gruppe von solchen Wörtern sind starke Verben mit -ie- oder -ü- in der Gegenwart. Gemeint ist: Im Infinitiv und im Plural. Verben, die bei einem Vokalwechsel im Singular -ie- haben, z.B. "lesen - du liest", sind nicht gemeint.
Solche oi-Verben sind für mich (Bzk. Schärding), Besonderheiten bei der Aussprache in eckigen Klammern:
ziehen [-oig-]
fliegen
schießen
lügen
biegen
schieben
frieren [-ois-]
verlieren [-ois-]
kriechen
schliefen
klieben
Unsicher über eine oi-Aussprache bin ich mir bei:
sieden
(be-)trügen
Nicht in einer oi-, sondern nur in einer ia-Aussprache kenne ich:
fließen
gießen
riechen
schließen
Ich vermute, diese Wörter waren mundartlich nicht üblich, sondern wurden erst in neuerer Zeit aus der Schriftsprache übernommen.
Aber da gibt es vielleicht auch unterschiedliche Ansichten. Bei Jungmair/Etz (Oö.Mundart, 1978) gibt es (S.96):
giaßn, goißn, geoßn ...
und auch mit Google findet man sofort Beispiele für eine oi-Aussprache für gießen.
fließen, riechen, schließen findet man aber nicht bei Jungmair/Etz, was man zumindest als Hinweis sehen könnte, dass diese Wörter mundartlich unüblich sind.
Weder in einer oi- noch in einer ia-Aussprache kenne ich:
bieten
verdrießen
fliehen
kiesen
genießen
sprießen
stieben
triefen
Alle diese Wörter habe ich auch bei Jungmair/Etz nicht gefunden, was man wieder als Hinweis sehen könnte, dass diese Wörter mundartlich unüblich sind.
Noch ein paar Anmerkungen.
liegen:
Fast alle starken Verben mit -ie- in der Gegenwart haben in der Vergangenheit -o-. Die einzige Ausnahme, die ich gefunden habe, ist "liegen". Das -ie- ist aber in diesem Fall kein Diphthong, sondern ein mehr oder weniger langes -i-. Es gibt hier weder eine ia- noch eine oi-Aussprache.
biegen:
Schriftsprachlich gibt es ein starkes Verb "biegen" (V: gebogen) und ein schwaches Verb "beugen" (V: gebeugt). Durch den Vergleich mit den anderen oi-Verben kann man annehmen, dass das Verb in der oi-Aussprache "biegen" ist.
wiegen:
Das Verb gehört nicht zu diesen Verben. Das -ie- ist hier eine neuere Entwicklung. Früher war das Verb "wegen", und das ist auch die mundartliche Form. Ein Vokalwechsel im Singular ist mir nicht aufgefallen. Wie bei biegen/beugen gibt es standardsprachlich zwei sehr ähnlÃche Verben (wiegen und wägen).
treffen:
Das Verb gehört nicht zu dieser Gruppe, aber man hört da manchmal auch eine oi-Aussprache. Vielleicht spielt dabei mit, dass "treffen" oft im Kontext mit "schießen" vorkommt, und das ist ja ein oi-Verb.
Die oi-Aussprache kommt tlw. auch in von den Verben abgeleiteten Wörtern vor, z.B. in:
Fliege, Ohrenschliefer
Flieger, auch Papier- (Flugzeug): Da bin ich mir unsicher. Ich glaube, das spreche ich nicht mit einem -oi- aus.
Weiteres Wort in oi-Aussprache statt -ia-:
tief
Ein weiteres Beispiel, das hier auf der Seite eingetragen ist, das ich selber aber nicht kenne:
Müchdoib (Milchdieb) der, [ müchdoibb ] - Augentrost (Euphrasia)
https://www.volkswoerterbuch.at/wort/13059/Muechdo...